Praxisführung im Gesundheitswesen neu denken – in 4 Tagen zum Zukunftskonzept

Praxisführung steht heute vor einer der größten Herausforderungen im Gesundheitswesen: steigende Patientenzahlen, Fachkräftemangel und starre Hierarchien setzen ambulante Einrichtungen massiv unter Druck. Gleichzeitig schließen immer mehr Hausarztpraxen, und der Beruf des Arztes verliert für junge Fachkräfte zunehmend an Attraktivität. Arztpraxen müssen mehr leisten als je zuvor – unter Bedingungen, die nur wenig Raum für Innovation, flexible Arbeitsmodelle oder agile Teams lassen.

Der Wandel im Gesundheitswesen zwingt dazu, neue Wege zu gehen: Wie lassen sich effiziente Abläufe, motivierte Mitarbeitende und exzellente Patientenversorgung gleichzeitig realisieren? Wie kann Praxisführung neu gedacht werden, um diesen Herausforderungen gerecht zu werden und gleichzeitig den Beruf für Fachkräfte wieder attraktiv zu machen?

Vor dieser komplexen Ausgangssituation standen auch Sebastian Bähr und Sieglinde Flatscher, beide Geschäftsführende der Praxiskonzepte mit Weitblick GmbH aus Ruhpolding.

Sie erkannten: Um den Anforderungen der Zukunft gerecht zu werden, muss Praxisführung neu gedacht werden – weg von starren Hierarchien, hin zu klaren Leitplanken, Eigenverantwortung und agilen Teams.

Getreu dem Motto von Albert Einstein – „Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind“ – entschieden sie sich für eine Zusammenarbeit mit uns: „Wir benötigen jemanden Branchenfremdes, der nicht Teil des etablierten Systems ist. Nur so kann etwas wirklich Neues entstehen!“

Gemeinsam erarbeiteten wir in vier intensiven Tagen ein praxisnahes, umsetzbares Konzept für die Praxisführung der Zukunft – effizient, zukunftsorientiert und gleichzeitig menschlich. In diesem Blogbeitrag möchten wir die Ergebnisse kompakt zusammenfassen. Ziel ist es, nicht nur Einblick in unsere Arbeit zu geben, sondern auch Inspiration zu liefern – für alle, die im Gesundheitswesen neue Wege gehen, Strukturen neu denken und die Attraktivität von Hausarztpraxen langfristig sichern möchten.

Ausgangspunkt – Druck im ambulanten Sektor

Agile Ansätze, New Work, Führung auf Augenhöhe, flexible Arbeitszeitmodelle und schlanke Prozesse sind Begriffe, die im ambulanten Sektor unseres Gesundheitswesens kaum zu finden sind. Rechtliche Rahmenbedingungen und branchenspezifische Regularien schränken die Möglichkeiten für Veränderungen ein. Auch der Praxisbetrieb selbst ist meist streng hierarchisch auf den Arzt ausgerichtet – Platz für innovative Ansätze oder die Bereitschaft, das Arbeiten im medizinischen Umfeld für junge Berufseinsteiger oder gerade fertige Fachärzte attraktiv zu gestalten, sind eine Seltenheit.

Das Ergebnis ist ernüchternd und alarmierend zugleich: Während eine Hausarztpraxis gegenwärtig ca. 1000 Patienten versorgt, rechnet die Robert-Bosch-Stiftung durch Fortschreiten des demographischen Wandels und dem damit einhergehenden Praxissterben mit einem Anstieg auf 5000 – 7000 Patienten je Arztpraxis.

Versorgungslücken in ländlichen Regionen sind damit vorprogrammiert. Klassische Strukturen mit zentralisierter Entscheidungsgewalt stoßen bereits heute an ihre Grenzen und sind nicht in der Lage, diesen enormen Anforderungen zu begegnen.

Um den steigenden Patientenzahlen bei zunehmendem Fachkräftemangel gerecht werden zu können, ist es an der Zeit, sowohl die Berufsbilder als auch Praxisführung neu zu denken! Ein komplexes Phänomen, das wir nicht nur im Gesundheitswesen sondern auch in sämtlichen Branchen der freien Wirtschaft vorfinden.

Unsere Herangehensweise – vier Tage intensive Zusammenarbeit

Wenn es bereits ein Erfolgsrezept gäbe, könnten wir einen Plan erstellen. Bei komplexen Aufgaben jedoch kennt niemand zu Beginn die Lösung – sie muss experimentell erarbeitet werden. Der Weg ist das Ziel.

Vor jedem Workshop suchen wir nach passende Impulse, wissen aber nicht genau, was sich entwickeln wird. Diese Unplanbarkeit stresst, doch zeigt unsere Erfahrung: Lösungen, die gemeinsam entstehen, sind deutlich praxisnäher und maßgeschneidert für die Herausforderungen unserer Kunden.

Eingestiegen sind wir in die vier Tage mit einer Analyse des Status Quo. Anschließend haben wir Impulse aus anderen Kontexten betrachtet und geprüft, welche Ideen für die Zukunftsgestaltung der Praxis relevant und adaptierbar sind. Orientiert haben wir uns dabei an den Grundlagen moderner Organisationsentwicklung.

Auf dieser Basis entwickelten wir Schritt für Schritt ein neues Modell der Praxisführung: angefangen bei der Definition von Verantwortlichkeiten, über die Gestaltung von Teams und Prozessen, bis hin zur entscheidenden Frage: Wie führe ich ein solches System nachhaltig?

Praxisführung neu denken – das Ergebnis

In vier Tagen intensiver Zusammenarbeit ist ein pragmatisches Konzept entstanden, das Effizienz mit Arbeiten auf Augenhöhe verbindet – ein Modell, das die Praxisführung grundlegend neu denkt. Inspiriert durch Jos de Blok’s Buurtzorg-Modell (niederländischer Pflegedienstleister mit Pionier-Charakter) bilden kleine, interdisziplinäre Teameinheiten aus Ärzten und medizinischen Fachangestellten in Kombination mit einem zentralen Dienstleistungsangebot die skalierbare Grundstruktur.

Gerade für (junge) Ärzte, die das finanzielle Risiko einer Selbstständigkeit nicht tragen können oder wollen, bietet dieses System enorme Vorteile: Sie können sich in eine bestehende Infrastruktur integrieren und das zentrale Dienstleistungsangebot für Verwaltungsaufwände, Abrechnung, IT sowie Aus- und Weiterbildung in Anspruch nehmen. So können sich die Teameinheiten voll auf die Wertschöpfung in der Patientenversorgung konzentrieren und die individuelle Betreuung vor Ort sicherstellen.

praxisführung-im-gesundheitswese-neu-denken-zusammenfassung

Allgemeinmedizin wird zunehmend zur Mannschaftsdisziplin. Der Schlüssel liegt in der Entwicklung kompetenter, eigenverantwortlicher Teams, die sich selbst organisieren, gegenseitig unterstützen und kontinuierlich weiterentwickeln. Der Weg von klassischen „Command-and-Control“-Strukturen hin zu stärkenbasiertem Arbeiten auf Augenhöhe ist ein evolutionärer Prozess, der durch regelmäßige Austausch- und Reflexionsformate sowie vielfältige Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten in der eigenen Akademie begleitet wird.

Für die Umsetzung dieser Vision ist die Neugestaltung des Berufsbildes der medizinischen Fachangestellten ein weiterer, wichtiger Baustein: aus der Karriere-Einbahnstraße wird dann ein vielfältiger Job mit individueller Gestaltungsmöglichkeit und zahlreichen Entwicklungspotentialen. Je nach Neigung und Interesse, kann jeder, der möchte, neue Qualifikationen erlernen und somit die Fähigkeiten seines Teams erweitern.

Mit Veränderung der Flughöhe bietet dieses Konzept nicht nur Ärzten und medizinischen Fachangestellten in ihren Teams attraktive Arbeitsbedingungen – auch für die beiden Geschäftsführer ergibt sich ein wertvoller Nutzen: Durch den Zusammenschluss vieler kleiner Teameinheiten steigen die Synergieeffekte, ein profitableres Wirtschaften wird möglich und Expertenwissen kann einer breiten Masse an Interessenten zugänglich gemacht.

Je größer das Netzwerk wird, desto größer ist auch der Einfluss auf die verantwortlichen Institutionen – ein entscheidender Schritt, um den dringend notwendigen Paradigmenwechsel in der Praxisführung erfolgreich zu initiieren und zu beweisen.

Gemeinsame Schlüsselerlebnisse und Fazit

Moderne Organisationskonzepte vermitteln oft das idealistische Bild eines Betriebs ohne „Vorgesetzte“ – agile Teams arbeiten auf Augenhöhe, treffen Entscheidungen eigenständig und lösen Konflikte selbst. Unsere Praxiserfahrung zeigt jedoch: Das ist eine wünschenswerte, aber trügerische Illusion.

Menschen, die lange in klassischen Strukturen gearbeitet haben, sind es gewohnt, dass Entscheidungen für sie getroffen werden. Plötzlich gewonnene Freiheit und Eigenverantwortung führen trotz bester Absichten schnell zu Überforderung und dem Verlust des Sicherheitsgefühls.

Diese Erfahrung machten auch die Geschäftsführer der Praxiskonzepte mit Weitblick GmbH. Ein radikaler Wandel zu einer rein agilen Netzwerkorganisation ist keine stabile Basis für nachhaltige Praxisführung.

Menschen, die lange in klassischen Strukturen gearbeitet haben, sind es gewohnt, dass Entscheidungen für sie getroffen werden. Plötzlich gewonnene Freiheit und Eigenverantwortung führen trotz bester Absichten schnell zu Überforderung und dem Verlust des Sicherheitsgefühls. Diese Erfahrung machten auch die Geschäftsführer der Praxiskonzepte mit Weitblick GmbH. Ein radikaler Wandel zu einer rein agilen Netzwerkorganisation ist keine stabile Basis für nachhaltige Praxisführung.

Eine wichtige Erkenntnis unserer Zusammenarbeit: Teams müssen sukzessive auf ihrem individuellen Weg begleitet werden. Gut Ding will eben Weile haben. Gleichzeitig verändert sich die Rolle der Geschäftsführung: Wie viel Freiraum lässt man den Teams, welche Leitplanken sind notwendig, um Sicherheit zu vermitteln, ohne Kreativität zu blockieren?

Ein Impuls aus unserer Arbeit illustriert dies anschaulich: Kinder bewegen sich auf einem großzügig eingezäunten Spielplatz frei, während sie im freien Gelände nahe bei der Bezugsperson bleiben. Übertragen auf die Praxisführung bedeutet das: gezielt Leitplanken setzen, Freiraum für Entwicklung lassen und Sicherheit gewährleisten.

Sebastian Bähr fasst zusammen: „Praxisführung heißt nicht, Kontrolle abzugeben, sondern Verantwortung zu teilen. Wir müssen Teams Raum geben, sich zu entfalten – und gleichzeitig ein sicheres Fundament schaffen, auf dem sie erfolgreich arbeiten können.“

Fazit: Der Weg in Richtung Selbstorganisation ist ein evolutionärer Prozess – individuell, nicht kopierbar und immer auf die spezifische Praxis zugeschnitten. Die neue Praxisführung entsteht Schritt für Schritt, mit klaren Leitplanken, begleiteter Eigenverantwortung und kontinuierlicher Reflexion.

Feedback zur Zusammenarbeit mit WE THINK FUTURE

Franziska und Christian sind das Beste, was uns gerade passieren konnte! Von Anfang an haben wir eine Sprache gesprochen – wir begannen unsere Arbeit ohne vorgefertigte Agenda, was uns sehr entgegen kam. Es waren sehr anstrenge, aber wahnsinnig inspirierende Tage. Die Zwei haben uns unsere Struktur erarbeiten lassen und an entscheidenden Wegpunkten ihre Akzente gesetzt.

Heraus kam ein innovatives, zukunftsorientiertes Konzept für unsere Praxisführung, dass alle Beteiligten im Betrieb an dem Ort abholt, wo sie stehen und auf die Reise in die Zukunft mitnehmen wird. Vielen Dank für eure Arbeit!

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