Organisationsformen sind wie Länder – jedes mit seiner eigenen Kultur, seinen eigenen Regeln und besonderen Vorzügen. Wer sich fragt, welche Organisationsform am besten zum eigenen Unternehmen passt, ist eingeladen, mit uns auf eine spannende Reise zu gehen.
Wir erkunden 6 Länder, jedes steht für eine Organisationsform und trägt seine eigene Farbe: Rot, Blau, Orange, Grün, Gelb und Türkis. Du wirst entdecken, welche Organisationsformen sich für welche Herausforderungen eignen, welche Stärken sie mitbringen – und wo ihre Schwächen liegen. So bekommst du einen klaren Überblick, bevor du entscheidest, welche Mischung aus Farben für dein Unternehmen die richtige ist.
Denn: Die perfekte Organisationsform gibt es nicht. Meist ist es ein Zusammenspiel mehrerer Ansätze. Entscheidend ist, dass die gewählte Struktur die Wertschöpfung deines Unternehmens unterstützt, denn Organisation ist kein Selbstzweck – sie bestimmt, wie Teams zusammenarbeiten und Leistung entsteht.
Organisationsformen in der Praxis – eine kompakte Übersicht
Die strenge Hierarchie ist besonders gut geeignet, wenn das Umfeld chaotisch ist, keiner die Lösung kennt und schnelle Entscheidungen für das Überleben getroffen werden müssen.
Stärken
Schwächen

Reisetagebuch – tauche ein in verschiedene Organisationsformen
Die Reise beginnt in einem Grenzgebiet – noch auf rotem Boden, doch in nicht allzu weiter Ferne ist die Silhouette blauer Organisationsstrukturen zu erkennen. Das Gefühl des Aufbruchs ist deutlich spürbar. Was noch vor fünfzig, sechzig Jahren eine stark besiedelte Gegend war, beheimatet heute nur noch kleine Organisationsteile. Die letzten Überreste strenger Hierarchien, Unberechenbarkeit und Impulsivität sind wahrzunehmen, der Wunsch nach klaren Strukturen, Sicherheit und Ordnung hat die Menschen aufbrechen lassen.

In ein paar wenigen Stockwerken brennt Licht. Es wird intensiv an ambitionierten Markterschließungskonzepten gearbeitet. Ziel ist eine schnelle Umsetzung – die Konkurrenz soll vor Neid erblassen und auch die anderen Abteilungen im Unternehmen sollen erkennen, welche Art der Arbeit die erfolgreichste ist. Für alles Prozesse und Regeln haben, das hilft nichts – und den Weicheiern, Strebern und Träumern aus den Innovationsabteilungen muss dringend gezeigt werden, was Innovation wirklich bedeutet.

Aus einem Besprechungsraum dringen laute Stimmen. Eine emotionale Diskussion über die richtige Wahl der Strategie ist in vollem Gang. Gelegentlich ist zu hören, wie auf den Tisch geschlagen wird. Am Ende des Meetings erscheint der Bereichsleiter zufrieden in der Tür. Er hat sich mit seiner Vorstellung behauptet und die notwendigen Schritte für eine schnelle Umsetzung eingeleitet. Die Mitarbeiter wissen genau, was in den kommenden zwei Wochen zu tun ist – erreichen sie das angestrebte Ziel, wartet eine Zusatzprämie auf sie.
Mit dieser Erfahrung im Gepäck endet der Streifzug durch rote Organisationsstrukturen. An der Grenze zu Blau stehen Menschen an, wie in einer Warteschlange. Manche scheinen hin- und hergerissen zu sein, ob der Aufbruch in ein neues Land für sie das Richtige ist.
Altbekanntes und Bewährtes zurückzulassen erzeugt Angst – vor dem, was kommen wird, aber auch vor Macht- und Einflussverlust. Ein Großteil der Organisation ist schon vor einiger Zeit aufgebrochen. Wie mag es wohl wirken, als Nachzögling aufzutauchen – als Verlierer, der sich nun doch beugen muss? Wie wird es wohl in anderen Organisationsformen sein?
Wiederum andere scheinen sich zu freuen, den Aufbruch als Herausforderung zu sehen. Sie wünschen sich einen festen Platz in einem soliden System. Zu lange waren sie Unberechenbarkeit und emotionalen Ausbrüchen der Vorgesetzten ausgesetzt. Stabile Prozesse, realistische Planungen und klare Arbeitsanweisungen erscheinen ihnen eine gute Basis für das, was kommen wird. Mit dem Informationsmaterial der Grenzbehörden ausgestattet, beschreiten sie die ersten Meter auf blauem Territorium. Die Dokumente zeigen ihnen den Weg zu ihrem neuen Platz.

Die funktionale Hierarchie eignet sich besonders, wenn das Umfeld beständig, vorhersehbar und stabil ist, Abläufe sich wiederholen und Aktivitäten auf lange Sicht gut planbar sind.
Stärken
Schwächen

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Mit Überschreiten der Grenze von Rot zu Blau wird sehr schnell deutlich, dass Spontanität und Emotionalität im Hier und Jetzt vorausschauender Planung, Ordnung und Fleiß weichen. Vor vielen Gebäuden, aber auch innerhalb der Stockwerke hängen Zielbilder für die nächsten Jahre und Organigramme aus, die die Organisationsstruktur beschreiben. Unternehmen sind nach Funktionen organisiert, anhand der Darstellungen ist schnell zu erkennen, wer für was verantwortlich ist und wer zu welchem Bereich gehört.

Nicht selten finden sich die verschiedenen Abteilungen eines Unternehmens in unterschiedlichen Stockwerken oder Gebäuden – die Vorgesetzten der Bereiche treffen sich regelmäßig, um Entscheidungen einzuleiten und Aktivitäten zu synchronisieren. In kleinen Büros entlang der Flure arbeiten die Mitarbeiter pflichtbewusst an ihren Arbeitspaketen. Es wird viel Wert auf klar definierte Prozessabläufe, Standards und Genauigkeit gelegt, denn nur so kann der Arbeitstag strukturiert werden. Für die Menschen sind Loyalität, Beständigkeit und Stabilität wichtig: Ein Großteil ist bereits seit Eintritt ins Berufsleben für das gleiche Unternehmen tätig, die Verbundenheit ist groß.

Eine Gruppe Manager hat sich versammelt. Sie bilden das Steering-Committee eines Effizienzprogramms und stimmen sich bezüglich der Zielerreichung ab. Die Maßnahmenliste wird durchgegangen, entsprechende Status reportiert. Gemeinsam wird beschlossen, dass das neue Regelwerk für das Eskalationsverhalten bei Meilenstein-Überschreitung ab sofort in Kraft trifft. Zudem wird die Anpassung des Projektplans diskutiert. Es fehlen jedoch zwei Freigaben, die Entscheidung wird auf nächste Woche vertagt. Das Meeting ist geprägt von Nüchternheit – eine Agenda mit zeitlichen Vorgaben ermöglicht, dass alle geplanten Tagesordnungspunkte besprochen werden.
Im Gebäude gegenüber findet indessen ein Leistungsbeurteilungsgespräch statt. Der Vorgesetzte geht gemeinsam mit seinem Mitarbeiter den standardisierten Bewertungsbogen durch. 98% seiner Stellenbeschreibung hat er in diesem Jahr erfüllt, beide Seiten sind zufrieden und geben sich am Ende des Gesprächs die Hand – „auf ein weiteres Jahr!“.
Für einen Außenstehenden gleichen die Organisationen im blauen Landstrich gut geölten Maschinen. Jedes Zahnrädchen trägt mit seiner Arbeit einen Teil zur Funktionsfähigkeit bei. Doch im Grenzgebiet zu Orange sind Unternehmen vorzufinden, die spüren, dass nicht alles per se planbar ist. Übergreifende Problemstellungen bringen das funktionale Zahnradkonstrukt ins Wanken – auch Menschen möchten kein austauschbares Maschinenteil mehr sein. Der Wunsch nach persönlicher Entwicklung und Erfolg lässt sie aufbrechen und nach alternativen Organisationsformen Ausschau halten.

Die Wertstrom-Organisation eignet sich ideal, wenn eine flexible Auftragsabwicklung mit maximaler Kundenorientierung gefragt ist und ambitionierte Ziele erreicht werden wollen.
Stärken
Schwächen

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Mit dem Betreten von orangenem Boden ist spürbar, dass dieser Landstrich nach ambitionierten Zielen strebt. Mondäne Gebäudefassaden reihen sich aneinander, ein jedes Unternehmen möchte sich bestmöglich präsentieren. Die Sehnsucht nach individuellem Erfolg, Aufstieg und Bewunderung zeigt sich in hartem Konkurrenzkampf – es ist das Land der unbegrenzten Chancen: „Immer höher, immer weiter, immer schneller“ ist das Motto.

In den Führungsetagen der Organisationen stehen Umsatzsteigerung, Gewinnmaximierung und Wachstum im Vordergrund. Im modern eingerichteten Büro des Geschäftsführers trifft sich das Topmanagement, um über die Zielerreichung des gegenwärtigen Monats zu sprechen. Der Umsatz liegt über Ziel – man klopft sich gegenseitig auf die Schulter. Die Strategie, auf die schnelle Umsetzung der definierten Quick-Wins zu setzen, ist voll aufgegangen.
In einem Produktionsbereich sind gerade Umbauten im Gang. Die Mitarbeiter sind dabei, parallel zum Fertigungsbetrieb eine neue Produktionslinie aufzubauen. An verschiedenen Stellen finden Probemontagen statt, letzte Verbesserungen fließen in die Neukonzeption mit ein. Zukünftig soll mit der neuen Taktlinie die doppelte Stückzahl pro Tag gefertigt werden, um die Marktnachfrage bedienen zu können – auch die IT-Anbindung wird angepasst, alle Vorgänge werden in einem System erfasst, Daten stehen in Echtzeit zur Verfügung.

Schräg gegenüber im Nachbargebäude treffen sich Mitarbeitende aus verschiedenen Abteilungen, um gemeinsam an einem übergreifenden, immer wieder auftretenden Problem zu arbeiten. Sie haben erkannt, dass es für die nachhaltige Bewältigung Fachexpertise aus mehreren Bereichen braucht.
Ein Stockwerk höher findet gerade ein unterjährliches Zielerfüllungsgespräch statt. Die Führungskraft bespricht mit seinem Mitarbeitenden den aktuellen Umsetzungsstand der individuellen Zielvorgaben. Es stellt sich heraus, dass der Mitarbeitende kaum Initiative bisher gezeigt hat und trotz mehrerer Gespräche nicht in die Gänge kommt.
Der Vorgesetzte wird sich mittelfristig nach einer Alternative umsehen, denn nicht nur die Zielerreichung des Mitarbeiters steht auf dem Spiel, sondern auch seine eigene Prämie.
Auf dem Streifzug durch orangenes Gelände wird deutlich, wie prägend Leistungserbringung, Statussymbole und Erfolg sind. Doch diese Art zu wirtschaften lässt wenig Raum für „Menschsein“ – ja, dieses System mag in manchen Menschen das Gefühl der Einsamkeit und Unvollkommenheit wecken. Mit diesem Empfinden im Gepäck beginnen Organisationseinheiten weiterzuziehen – auf der Suche nach innerer Zufriedenheit!

Die demokratische Struktur eignet sich besonders, wenn eine Organisation den Menschen in den Fokus stellen, Team-Entwicklung fördern und klassische Macht-Strukturen zurück lassen will.
Stärken
Schwächen

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Beim Überschreiten der Grenze von Orange zu Grün fällt auf, wie vielfältig und jedes Mal anders die einzelnen Landstriche der Reise doch sind.
Grün zeichnet sich durch Solidarität, Werteorientierung und ein harmonisches Miteinander aus. Die Menschen in den Unternehmen arbeiten in kleinen Einheiten zusammen – die Gebäudestruktur ist so gestaltet, dass Kollaboration auch räumlich möglich ist und es ausreichend Rückzugsorte für Still-, aber auch Teamarbeit gibt.
An den Wänden hängen Konzeptentwürfe und Informationen über aktuelle Aktivitäten. Transparenz wird großgeschrieben, nicht nur beim Teilen von Arbeitsergebnissen, sondern auch bei betriebswirtschaftlichen Kennzahlen. Die Mitarbeiter kennen die Zahlen, wissen, wie sie sich berechnen und welche Einflussmöglichkeit sie haben. Nur so können sie stärker Verantwortung übernehmen und Entscheidungen treffen.
Im hinteren Teil eines Großraumbüros treffen sich gewählte Vertreter mehrerer Teams zur monatlichen Reflexions- und Feedbackrunde. Zwischen zwei Teams gibt es einen Konflikt, der die Stimmung trübt und sich auf die Leistungsfähigkeit aller Beteiligten auswirkt. Die Runde beschließt, einen gemeinsamen Workshop durchzuführen, um die Ursache herauszufinden und an einer Lösung zu arbeiten. Gemeinsam wird der Workshop grob durchgeplant, Erfahrungen aus der Vergangenheit fließen ein. Eine Führungskraft aus der Runde, deren Team nicht involviert ist, bietet sich als Moderator an.

Ein Gebäude weiter kommen Menschen aus unterschiedlichen Abteilungen zusammen, die Interesse an den Themen Werte und Kultur haben – es ist Teamtag. In den letzten Monaten haben sie begonnen, sich mit den wichtigsten Unternehmenswerten auseinanderzusetzen. Was ist uns wichtig? Aber auch: Was wollen wir zukünftig stärker ausprägen? Innerhalb des Teams sind alle ehemaligen Hierarchiestufen vertreten, mitunter auch die Geschäftsführung. Doch für die Zusammenarbeit spielt das keine Rolle mehr. Das Team ist stolz auf den durchlaufenen Reifeprozess – für die Teilnehmer ist das Arbeiten auf Augenhöhe in einem hierarchiefreien Raum eine Bereicherung und ein Zeichen der Wertschätzung.
Auch in dem Produktions- und Administrationsbereich der Unternehmen ist der respektvolle Umgang und gegenseitiges Vertrauen spürbar. Kolleginnen helfen sich, individuelle Zielsysteme gehören der Vergangenheit an. Sie wurden durch Teamziele ersetzt.
Grüne Organisationen stehen für Gleichberechtigung und Zusammenhalt – doch wie auch in den zuvor besuchten Landstrichen gibt es Bestrebungen, nach alternativen Organisationsformen zu suchen. Mitunter lange Entscheidungsprozesse, verwässerte Entschlüsse und das Streben nach Innovation führen zum Aufbruch in gelbe Strukturen.“

Die Kreis-Struktur eignet sich besonders gut, wenn das Umfeld komplex ist, Experimente für das Finden von Lösungen notwendig sind und Innovationskraft gefördert werden soll.
Stärken
Schwächen

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Im gelben Landstrich angekommen, ist er sofort wahrnehmbar, der oft beschriebene Start-up-Spirit. Kleine Organisationseinheiten aus unterschiedlichen Unternehmen teilen sich gemeinsame Räumlichkeiten. Bunte, teils auch provisorisch zusammengebaute Einrichtungen verkörpern Erfindergeist, Kreativität und Experimentierfreude. Nicht nur in den Gebäuden, auchaußerhalb im Freien herrscht Trubel. Arbeit ist nicht an einen Schreibtisch gebunden – virtuelle Kollaborationsformate ermöglichen eine weltweite Zusammenarbeit, standortunabhängig.

Die Menschen in Gelb fasziniert das Unentdeckte. Wissbegierde, das Schätzen von Diversität sowie das Streben nach Freiheit und Ungebundenheit sind Eigenschaften, die den gelben Landstrich ausmachen.
Auf einer großen Fläche arbeitet ein interdisziplinäres Team an der Anwenderfreundlichkeit einer neuen App. Es haben sich kleine Gruppen gebildet, die jeweils an unterschiedlichen Arbeitspaketen arbeiten. Eine Gruppe sitzt schweigend an einem Tisch, es wird programmiert.

Eine andere hat sich um ein Flipchart versammelt und diskutiert. Zur Steuerung der Aufgaben wird ein Teamboard verwendet. Jedes Teammitglied ist mit einem Foto abgebildet, entsprechende Kärtchen mit den Aufgaben sind passend angeordnet. Um den Überblick zu behalten, trifft sich das Team in kurzzyklischen Abständen.
In einem kleinen Kaffee auf der anderen Straßenseite treffen sich Vertreter verschiedener Organisationen, um über neue Formen des Arbeitens nachzudenken. Sie planen einen regelmäßigen Austausch, denn eine Vernetzung über die Unternehmensgrenzen hinaus wird von allen Beteiligten als sehr wertvoll und inspirierend angesehen.
Einige Meter weiter arbeiten Softwareentwickler, Mechatroniker und Vertriebler gemeinsam mit dem Kunden an einer neuen Technologie. Verschiedene Experimente werden durchgeführt, um die beste Kundenlösung zu finden. Material liegt verteilt auf dem Boden. Eine mobile Werkbank wird zusätzlich aufgebaut, um neue Ideen zu realisieren. Entscheidend über den Erfolg sind Fähigkeiten und Kompetenz. Logische Zusammenhänge sowie nüchterne, rationale Entscheidungsfindung prägen die Zusammenarbeit.
Auf dem Weg durch gelbes Terrain ist erkennbar, dass Individualität stark verbreitet ist. Man ist, wie man ist – diese Toleranz wird auch anderen Menschen zugesprochen. Diversität wird geschätzt. Sofern ein Zusammenschluss für eine bestimmte Unternehmung Sinn ergibt, entstehen temporär neue Verbindungen.
Den Aufbruch in neue Gebiete wagen die Menschen, die sich nach Ganzheitlichkeit und evolutionärem Sinn sehnen.

Die Netzwerk-Organisation eignet sich besonders, wenn das Umfeld sehr dynamisch ist, sich temporär immer wieder neue Projekte bilden und hohe Ideale die Zusammenarbeit prägen.
Stärken
Schwächen

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Mit der Grenzüberschreitung von Gelb nach Türkis wird der gegenwärtig letzte ausgeprägte Kulturlandstrich betreten. Das Gebiet ist nicht stark besiedelt, jedoch ziehen Türkis Eigenschaften zunehmend Neuan-kömmlinge an. Die Gebäudestruktur hat sich stark verändert: Aus großen, mondänen Bauwerken sind kleine, sich selbst steuernde Einheiten geworden – Grünflächen, Wälder mit Seen und Flüssen zieren die Umgebung.

In einem großen Raum trifft sich der Strategiekreis eines Unternehmens. Das Team sieht das Potenzial, den Kunden zusätzlichen Komfort zu bieten und dabei bis zu 50% Energieeinsparungen zu ermöglichen. Kundenmehrwerte generieren und gleichzeitig etwas Gutes für die Umwelt tun – das ist das Hauptanliegen. Auch wenn die Umsetzung noch mindestens drei Jahre brauchen wird, das Team ist sich sicher, etwas wirklich Großes bewirken zu können! Die Kollaboration verschiedenster Organisationen ist bereits in Gang und trotz unterschiedlicher Businessmodelle, Interessen und kulturellen Ausprägungen funktioniert die Zusammenarbeit – ein Zeichen stabiler und langfristiger Partnerschaften.
Im Gebäude gegenüber versammelt sich indessen das gesamte Unternehmen zum monatlichen Come-Together. Die Vertreter der Teams stellen die Aktivitäten und Erfolge der letzten Wochen kurz vor. Einem Team ist es gelungen, ein strategisch wichtiges Projekt an Land zu ziehen – tosender Beifall und Freudenschreie sind zu hören. Am Ende der Veranstaltung werden die gegenwärtigen Kennzahlen besprochen – aufgrund der positiven Entwicklung wird diskutiert, ob weitere finanzielle Mittel für neue Produktfeatures freigegeben werden. Der Vorschlag stößt auf breite Akzeptanz!

Hinter einem kleinen Wäldchen berat-schlagt sich eine kleine Gruppe eines anderen Unternehmens über seine zukünftige Ausrichtung. Um die eigene Lebensfähigkeit zu erhalten, steht die Auftrennung eines Organisationsteils bevor. Der Bereich ist zu groß geworden, die Zusammenarbeit leidet. Die Gruppe wägt ab, wie die Trennung bestmöglich ablaufen kann und nach welchen Kriterien die neue Struktur aufgesetzt wird.
Für Menschen, die in Türkis ankommen, braucht es nach der Ankunft etwas Zeit zur Eingewöhnung. Hohe Ideale werden für die Zusammenarbeit in Türkis vorausgesetzt sowie die Fähigkeit, sich selbst zu führen. Dieser Entwicklungsschritt basiert auf dem eigenen Reifeprozess: Entscheidend ist, ob ein Mensch mit sich selbst im Reinen ist und sich mit den dynamischen Arbeitsstrukturen in Einklang bringen kann.
Das System wird als Ganzes betrachtet – je nach Herausforderungen werden die Farben Rot, Blau, Orange, Grün und Gelb gemäß ihren Stärken trotz Gegensätzlichkeiten integriert.

Welche der Organisationsformen sind die richtigen für mein Unternehmen?
Wie eingangs erwähnt, gibt es nicht die eine, perfekte Organisationsform. Unsere Erfahrung zeigt vielmehr: Die meisten Unternehmen bewegen sich in einem Farbmix – am häufigsten in Blau, Orange und Grün. Um herauszufinden, welche der Organisationsformen zur Wertschöpfung deines Unternehmens am besten passen, lohnt sich der Blick auf die konkreten Herausforderungen.
Wir unterscheiden dabei vier Kategorien:
- Einfach: Eine Herausforderung ist einfach, wenn jeder die Lösung bereits kennt, es gibt klare Abläufe und Regeln. Beispiel: Das Bearbeiten von Urlaubsanträgen oder die monatliche Lohnabrechnung. Die Aufgabe ist wiederholbar, der Ablauf festgelegt – hier braucht es keine Experimente.
- Kompliziert: Die Lösung ist nicht sofort ersichtlich, aber mit ausreichend Expertenwissen gut planbar. Beispiel: Der Bau eines Autos oder die Planung einer neuen Produktionsstraße. Viele Faktoren müssen berücksichtigt werden, aber Fachleute können Schritt für Schritt eine Lösung entwickeln.
- Komplex: Die Lösung lässt sich nicht vorab planen, sondern entsteht erst durch Ausprobieren, Lernen und Anpassen. Beispiel: Die Entwicklung eines neuen Geschäftsmodells oder die Einführung einer innovativen Technologie im Markt. Niemand weiß im Voraus, was funktioniert – man muss experimentieren, Feedback einholen und iterativ lernen.
- Chaotisch: Niemand kennt die Lösung, und trotzdem muss sofort entschieden und gehandelt werden. Beispiel: Ein plötzlicher Cyberangriff, ein Brand im Werk oder ein massiver Lieferkettenausfall. Hier geht es darum, schnell zu reagieren, Strukturen zu sichern und erst danach in ruhigere Fahrwasser zu kommen.
Sind ein Großteil der Herausforderungen einer Organisation eher einfach oder kompliziert, eignen sich vor allem blaue, orangene und grüne Strukturen – und tatsächlich sind viele Unternehmen heute genau so aufgestellt. Ein Blick zurück ins Industriezeitalter zeigt auch, warum: Damals war das Marktumfeld stabil, Veränderungen überschaubar und die Zukunft vergleichsweise gut planbar. Wiederkehrende Anforderungen ließen sich mit Standardisierung, Optimierung, Automatisierung und Effizienzsteigerung hervorragend bewältigen.

Doch die Zeiten haben sich geändert. Heute erleben wir eine Welt, die volatiler, unsicherer und unberechenbarer geworden ist. Fast täglich tauchen neue Herausforderungen auf, die sich nicht einfach mit bekannten Mustern lösen lassen. In solchen komplexen Situationen braucht es andere Organisationsformen – Strukturen, die flexibler, lernfähiger und anpassungsstark sind. Genau hier kommen Gelb und Türkis ins Spiel: Sie sind prädestiniert, um mit Dynamik, Kreativität und Selbstorganisation auf diese neue Realität zu antworten.

Mehr zu den vier Kategorien findest du in unserer Podcast-Folge „Cynefin-Framework – warum Blaupausen ihre Wirkung verlieren“ – hör‘ doch einfach mal rein:
In seltenen Fällen – etwa in akuten Krisen oder hochgradig chaotischen Umständen – zeigt sich auch die Stärke von roten Strukturen: Entscheidungen werden schnell getroffen, Anweisungen direkt umgesetzt. Dennoch sollte dies nicht der Normalzustand sein, sondern vielmehr eine kurzfristige Ausnahme, um handlungsfähig zu bleiben.
Zusammenfassung
Mit zunehmender Dynamik und Unvorhersehbarkeit im Marktumfeld stehen Unternehmen heute stärker denn je vor der Frage, ob ihre Organisationsformen noch tragfähig sind. Viele Unternehmen, die bislang stark von Blau und Orange geprägt waren, merken, dass es nicht mehr ausreicht, nur auf Effizienz, Planung und Kontrolle zu setzen. Stattdessen wächst die Bedeutung von grünen, gelben und türkisen Organisationsformen – mal stärker, mal in kleinen Schritten.
Entscheidend ist dabei, sich ehrlich zu hinterfragen: Passen unsere aktuellen Organisationsformen noch zu unserer Wertschöpfung und den Anforderungen des Marktes? Wo sind Weiterentwicklungen notwendig, und in welchen Bereichen könnte sogar die Einführung ganz neuer Organisationsformen sinnvoll sein?

Mehr zu den Farben erfährst du auch in unserer Podcast-Folge „Spiral Dynamics kompakt in 10 Minuten“ – hör‘ doch einfach mal rein:
Die gute Nachricht: Es geht nicht darum, das Bestehende komplett über Bord zu werfen, sondern darum, das eigene „Farbrepertoire“ bewusst zu erweitern. Nur so bleibt eine Organisation langfristig anpassungs-, leistungs- und damit zukunftsfähig!
Organisationsformen in der Praxis – so können wir dich unterstützen
- Analyse des Status Quo und Neugestaltung des Organisationsdesigns: Gemeinsam gestalten wir Strukturen, Prozesse und Steuerungsmechanismen, die euch fit für die Zukunft machen.
- Zukunftsfähige Führung in der Praxis: Wir begleiten Führungskräfte mit ihren Teams, wenn sie sich auf den Weg machen, agile Formen der Zusammenarbeit zu erproben und erfolgreich umzusetzen.
- Change-Prozess und Befähigung: Wir unterstützen dich und Organisationen dabei, neue Arbeitsweisen nachhaltig zu verankern und Mitarbeitende aktiv in den Veränderungsprozess einzubinden.

